Was erwartet Sie als Eltern?

Sehr geehrte Mütter und Väter,

ihr zuständiges Familiengericht oder das zuständige Oberlandesgericht hat ein familienpsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben, von dem es sich Hilfe zur Klärung oder Lösung der gerichtlichen Fragestellungen erhofft. Um Ihnen eine erste Orientierung für eine solche Begutachtung zu geben, versuchen wir im Folgenden, ein paar wichtige Fragen zu beantworten, die viele Eltern in derartigen Situationen haben.  
Bei einigen familienrechtlichen Fragen, besonders, wenn sie die Situation von Kindern betreffen, will und soll das Gericht psychologisches Wissen in seine Überlegungen einbeziehen.

Nachdem das Gutachten dem Gericht vorliegt, wird es die psychologische Empfehlung der bzw. des Sachverständigen im Gutachten immer mit weiteren Aspekten zusammen prüfen und dann im Anschluss eine Entscheidung fällen. 
Die wörtliche Fragestellung des Gerichtes an den Sachverständigen finden Sie im schriftlichen Beschluss des Gerichtes. 
Gerichtliche Fragen an den oder die psychologische/n Sachverständige beziehen sich häufig auf folgende Themenbereiche:

In der Regel ist folgender Ablauf vorgesehen, je nach Fragestellung kann und muss aber auch davon abgewichen werden. Dies wird dann jeweils im Einzelnen mit Ihnen besprochen.

1

Erstkontakt

Unsere Sachverständigenpraxis wird Sie postalisch anschreiben und Sie zu einem Termin in die Praxis einladen. Dieser Ersttermin erfolgt ohne Ihr Kind bzw. Ihre Kinder. Bitte bestätigen Sie diesen Termin per Telefonanruf im Sekretariat oder per beiliegendem Rücksendeschreiben. Für den Ersttermin brauchen Sie nichts mitbringen und sich nicht speziell vorbereiten. Der bzw. die Sachverständige will Sie kennenlernen, Ihre Familiengeschichte mit Ihnen besprechen sowie Ihre Lösungsvorschläge hören. Bei Bedarf wird auch ein Dolmetscher zugegen sein. Falls Sie einen Dolmetscher benötigen, müssen Sie dies auf dem Rücksendebogen der Terminbestätigung ankreuzen. (Dauer des Erstgesprächs ca. 2 – 3 Stunden).

2

Interaktionsbeobachtung

Danach findet für jeden Elternteil getrennt ein Termin mit dem Kind/ den Kindern in der Praxis der oder des Sachverständigen statt. Dabei sollen Sie sich mit Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern spielerisch beschäftigen. Der oder die Sachverständige wird Ihnen gegebenenfalls Aufgaben nennen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern durchführen sollen (z. B. ein Brettspiel, Malen). Wenn Sie einverstanden sind, wird diese gemeinsame Zeit mit Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern, die im Gutachten als „Interaktionsbeobachtung“ bezeichnet wird, auf Video aufgezeichnet, damit sie später genauer ausgewertet werden kann. In der Regel möchte der oder die Sachverständige im Anschluss an die Interaktionsbeobachtungen jeweils kurz mit Ihrem Kind oder Ihren Kindern sprechen (Dauer der Interaktionsbeobachtung ca. 1 - 2 Stunden).

3

Testverfahren

Je nach Fragestellung erhalten Sie und ggf. ihr Kind bzw. Ihre Kinder, abhängig von deren Alter, Fragebögen zum Ausfüllen. Wenn Sie dabei etwas nicht verstehen, können Sie jederzeit nachfragen und sich die Fragen erklären lassen.

4

Hausbesuch

In manchen Fällen ist es hilfreich, die Wohnbedingungen des Kindes/ der Kinder kennenzulernen. Dazu kommt der bzw. die Sachverständige zu einem vorher mit Ihnen vereinbarten Termin zu Ihnen nach Hause, wenn Sie dem zugestimmt haben. Es sind keine besonderen Abläufe oder Vorbereitungen zu treffen (Dauer des Hausbesuchs 1 – 2 Stunden).

5

Kinder in Pflege- Familien oder Einrichtungen

Wenn Ihr Kind bzw. Ihre Kinder in einer Einrichtung oder Pflegefamilie lebt/ leben, wird der bzw. die Sachverständige Kontakt mit der Einrichtung aufnehmen und evtl. bei einem Besuchskontakt von Ihnen und Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern dabei sein.

6

Kontakt zu Drittpersonen

Manchmal ist es erforderlich, auch mit Erzieher*innen, Lehrer*innen, Ärzt*innen oder anderen Drittpersonen, die in einer fachlichen Funktion mit Ihrer Familie verbunden sind, zu sprechen. Dies geschieht jedoch nur, wenn Sie dazu eine Schweigepflichtsentbindung in schriftlicher Form erteilen. Nach Fragestellung können Sie auch gebeten werden, Arztbefunde vorzulegen oder bestimmte Untersuchungen durchführen zu lassen (z. B. Drogen- und Alkoholtests). Dies geschieht alles ausschließlich mit Ihrem Einverständnis und in Abstimmung mit dem Familiengericht.

7

Gemeinsames Elterngespräch

Gemeinsame Elterngespräche sind in manchen Fällen eingeplant, um mit Ihnen Lösungsansätze zum Wohl Ihres Kindes/ Ihrer Kinder zu besprechen.

Praxisgalerie

Was sollten Sie noch wissen?

Alles Freiwillig

Die Begutachtung ist zwar vom Gericht angeordnet, dennoch ist die Begutachtung für Sie freiwillig. Sollten Sie nicht an der Begutachtung teilnehmen wollen, melden Sie sich bitte trotzdem bei uns und teilen Sie uns dies kurz mit. Der bzw. die beauftragte Sachverständige ist gerne bereit, Ihre weiteren Fragen zur Begutachtung zu Beginn und während der Begutachtung zu beantworten. Sollten Sie nicht einverstanden sein, dass Ihr Kind in die Begutachtung mit einbezogen wird, müssen Sie dies explizit gegenüber dem bzw. der Sachverständigen erklären. Der bzw. die Sachverständige wird sich dann an das Gericht wenden.

Offenbarungspflicht/ Schweigepflicht

Offenbarungspflicht bedeutet, dass der bzw. die Sachverständige alle entscheidungserheblichen Daten dem Gericht mitteilen muss. Der Sachverständige bzw. die Sachverständige darf erhaltene Informationen gegenüber dem Gericht nicht zurückhalten, auch wenn Sie dies wünschen würden. Der oder die Sachverständige unterliegt einer gesetzlichen Schweigepflicht und darf die im Rahmen der Begutachtung gewonnenen Daten nicht gegenüber einem unbestimmten Personenkreis offenbaren. Um im Anschluss an die Datenerhebung das Gutachten dem Auftraggeber erstatten zu können, ist die Schweigepflicht gegenüber dem Gericht aufgehoben. 

Datenschutz

Ihre Daten werden zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung nach Artikel 6, Absatz 1, Buchstabe c) DSGVO verarbeitet, zu der bzw. die Sachverständige nach §407 ZPO verpflichtet ist. Zum Schutz Ihrer Daten werden geeignete technische und organisatorische Maßnahmen getroffen.

Termine und Wartezeiten

Bitte beantworten Sie unsere Terminschreiben fristgerecht und nehmen Sie die Terminvorschläge wahr, da sich die Begutachtung sonst sehr lange hinziehen kann. Für den oder die Sachverständige ist es häufig nicht möglich, einen zeitnahen Ersatztermin anzubieten, sodass durch ausgefallene Termine Wartezeiten entstehen können.

Fahrtkosten

An die Geschäftsstellen der Familiengerichte können Sie sich wegen Fahrtkostenerstattung wenden. Am besten tun Sie dies, bevor Sie Ihre Fahrt zu uns antreten.

Wegbeschreibung

Mit dem Einladungsschreiben erhalten Sie eine ausführliche Wegbeschreibung für die Anreise mit dem PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Kurz erklärt: Wie gehen wir vor?